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aus gkf Info 43

Die Last der Gelenke

Französische Bulldogge mit Markern. Die Marker stören den Hund nicht.

Wie stark werden Gelenke in der Bewegung belastet? Die-

se Frage kann bislang nur intuitiv beantwortet werden.

Martin S. Fischer und Emanuel Andrada untersuchen an

der Universität Jena in Zusammenarbeit mit Ingo Nolte von

der Stiftung Tierärztliche Hochschule, welche Kräfte in der

Bewegung tatsächlich auf die Gelenke von Hunden einwir-

ken. Ihre Ergebnisse werden nicht nur eine bedeutende

Wissenslücke in der Kynologie schließen, sie werden auch

dazu beitragen, die Diagnostik und Therapie von Gelenk-

erkrankungen bei Hunden entscheidend zu verbessern.

Nach der Jenaer Studie zur Fortbewegung von Hunden,

aus der das überaus erfolgreiche Buch „Hunde in Bewe-

gung“ entstanden ist, hat sich Martin S. Fischer weiter in-

tensiv mit dem Bewegungsapparat und der Fortbewegung

von Hunden beschäftigt. Bereits während der Jenaer Stu-

die tauchte wiederholt die Frage auf, welche Belastungen

während der Bewegung tatsächlich auf den Gelenken von

Hunden einwirken. Diese Frage wurde bisher nicht wissen-

schaftlich untersucht.

Es gibt bis dato nur Untersuchungen der Auswirkungen

von Langzeitbelastungen auf den Gelenkknorpel und den

darunterliegenden Knochen. Eine Analyse der unmittelba-

ren Belastung der Gelenke durch und während der Bewe-

gung fehlt bislang. Zuverlässige Daten zur realen Bean-

spruchung von Gelenken wären jedoch von großer Bedeu-

tung für die Diagnose und Therapie von Gelenkerkrankun-

gen bei Hunden und auch für den Hundesport.

Hundefreundliche Mathematik

Doch wie misst man Kräfte in einem Gelenk beim leben-

den Hund? Direkte Messungen würden erfordern, dass

man entsprechende Sensoren („Fühler“) im Gelenk plat-

ziert. Das wäre nur mit einem Eingriff in die Gelenke mög-

lich. Solch ein invasives Verfahren lehnen die Forscher

aus Gründen des Tierschutzes ab.

Zur Anwendung kommt deshalb ein mathematisch-

physikalisches Verfahren, die sogenannte inverse Dyna-

mik. Dabei berechnen die Wissenschaftler Gelenkkräfte

und Momente (die Ursachen der Bewegung) aus deren

messbaren Effekten und den anatomischen Gegebenhei-

ten mithilfe des sogenannten „Link-Segment“ Modells. Die

messbaren Effekte sind die Kinematik und die Reaktions-

kräfte.

Kinematische Messungen mit dem Jenaer Hochgeschindigkeits-bewe-

gungsanalysesystems bei einem Beagle.

Kinematische Messungen

Das „Link-Segment“ Modell ist eine mathematische Ver-

einfachung der Anatomie des Hundes. Um diese zu ermit-

teln, werden zunächst die anatomischen Gegebenheiten

als Zahlenwerte erfasst, in dem man die Gliedmaßen le-

bender oder verstorbener Hunde mittels CT-Scan ver-

misst. Dabei werden die Masseneigenschaften (z. B.

Schwerpunkte) in bestimmten Abschnitten (Segmenten)

der Vorder– und Hinterbeine errechnet (morphometrische

Untersuchungen).

Messung der Reaktionskräfte auf dem viergeteilten Laufband der Tier-

ärztlichen Hochschule Hannover.