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2. Eine Klassifizierung der Vibrissen bei verschie-
denen Rassen zu erstellen und eine mögliche
Korrelation rassespezifischer Unterschiede zur
Funktionalität der Tasthaare zu erkunden.
Abb. 2 Schema des Aufbau des Reizgebers: Der Reizgeber besteht aus
einem Personal Computer (PC), einer Messkarte (DAQ), einem Verstär-
ker (V), einem „Schüttelapparat“ genannt Shaker (S) und einem Reiz-
überträger ®, der über ein Kugelgelenk (K) variabel positionierbar ist. Ein
Laser-Vibrometer (L) misst und kalibriert die Reize.
Arbeitsprogramm
Um die Empfindlichkeit der Hundevibrisse auf Reize
zu untersuchen, werden psychophysikalische Versu-
che mit insgesamt drei Hunden durchgeführt. Zwei
der Hunde leben am Institut, ein Tier gehört einem
Mitarbeiter. Für verlässliche Ergebnisse werden ver-
gleichsweise wenig Probanden benötigt, weil sich die
grundsätzliche Funktion der Hundevibrisse auch
durch die Untersuchung von wenigen Einzeltieren
belegen lässt.
Bei den psychophysikalischen Tests wird untersucht,
welche Vibrationsreize die Vibrisse so stimulieren,
dass der Hund diese Stimulation spezifisch wahr-
nimmt. Um objektive und wiederholbare Ergebnisse
zu erlangen, muss die Reizerzeugung exakt einstell-
bar sein. Hierzu wird ein sogenannter Reizgeber
(s.Abb 2) aus der Kombination verschiedener Geräte
speziell für die Studie entwickelt und aufgebaut wer-
den. Der Vibrationsreiz wird durch die Schwingungen
eines Reizüberträgers, der die Vibrisse berührt aus-
gelöst. Bei dem Reizüberträger kann es sich je nach
gewünschter Reizart um einen Stab, eine Platte, ei-
nen Stempel oder ähnliches handeln. Ein technischer
Schüttelapparat, ein sogenannter Shaker, versetzt
den Reizüberträger in präzise eingestellte Schwing-
ungen. Die Amplitude (der maximale Ausschlag) der
Schwingungen ist so gewählt, dass der Reizüberträ-
ger immer in Kontakt mit der Vibrisse bleibt. Getestet
wird die Reaktion auf unterschiedliche Schwingungs-
frequenzen in einem Bereich von 0,3 und bis maxi-
mal 1000 Hz, wobei bei 0,3 keine Vibration ausgelöst
wird, sondern eine einfache Auslenkung der Vibrisse
und damit einen Druckreiz erzeugt. Der Shaker wird
über einen Computer, eine Messkarte und einen Ver-
stärker kontrolliert. Die präzise Vermessung und Ka-
librierung geschieht über ein Laser-Vibrometer.
Koforscher Hund
Da die Hunde aktiv am Test mit arbeiten müssen,
müssen sie vor der eigentlichen Testphase lernen,
was von ihnen gefordert wird. Die Hunde üben zum
Beispiel mittels operanter Konditionierung ruhig in
dem speziell angefertigten Stand, der Stationierung
mit der Testapparatur zu stehen. Sie lernen auch
angstfrei Augenklappen und Kopfhörer zu tragen. Die
Augenklappen und die Kopfhörer sind nötig, um zu
verhindern, dass unkontrollierte visuelle und akusti-
sche Reize die Hunde ablenken oder Reaktionen
auslösen, die die Testergebnisse verfälschen. Da
auch Robben diese Voraussetzungen für die Test gut
lernen konnten, ist zu erwarten, dass auch die Hunde
das gut meistern können.
Getestet wird mit einem sogenannten „go - no go“
Verfahren. Wenn das Tier einen Reiz über die Vibris-
sen wahrnimmt, soll es anschließend die Stationie-
rung verlassen. Diese Verhaltensweise ist die „go“
Antwort. Wenn der Hund keinen Reiz wahrnimmt soll
er fünf Sekunden still in seiner Stationierung stehen
(„no go“ Antwort). Beide Antworten werden als Rich-
tigwahl klassifiziert und das Tier wird durch eine Be-
lohnung darin verstärkt. Eine Versuchssitzung be-
steht jeweils zu 50 Prozent aus „go“ und „no go“ Ver-
suchen. Sobald der Hund diesen Ablauf begriffen hat
und zuverlässig richtig antwortet, startet die Bestim-
mung frequenzabhängiger Wahrnehmungsschwellen.
Die Wahrnehmungsschwelle lässt Rückschlüsse auf
die Empfindlichkeit der Vibrisse hinsichtlich Druckrei-
zen und/oder Luftverwirbelungen und damit auf ihre
Funktionalität zu.
Klassifizierung von Hundevibrissen
Die Arbeitsgruppe untersucht außerdem die Unter-
schiede der Vibrissen bei Hunden unterschiedlicher
Rassen. Von besonderem Interesse sind hier:
1.
Die Anordnung der Vibrissen
2.
Die gesamte und regionale Anzahl der Vibris-
sen
3.
3. Die Längen der Vibrissen, insbesondere der
mystazialen Vibrissen, das sind die Sinneshaa-
re („Schnurrhaare“) beidseits im Schnauzenbe-
reich auf dem Oberkiefer-
4.
Das Längenverhältnis zwischen Fell und Vibris-
sen bei kurz– und langhaarigen Rassen. Auch
hierbei stehen die mystazialen Vibrissen im Fo-
kus.
Die Hunde für diese Untersuchungen werden von
Besitzern zur Verfügung gestellt, die im Raum Ros-
tock Hundeschulen besuchen. Um individuelle Varia-
tionen zu berücksichtigen, werden bei jeweils 10 Tie-
ren pro Rasse die Verteilung, Länge und Anzahl der
Sinushaare erhoben und dokumentiert.
Barbara Welsch