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Mangelansprüche beim Tierkauf

sind kein Selbstläufer

Das brandenburgische Amtsgericht Zossen durfte mit

Urteil vom 28.5.2018 klarstellen, dass Hundekäufer

nicht ohne Weiteres beliebige Beträge zurückerhal-

ten. In einem zugegebenermaßen seltenen Fall völlig

unzureichenden Prozessvortrages scheiterte der kla-

gende Käufer aus mehreren Gründen.

Der Fall selbst ist irgendwie Standard: Der Kläger

nimmt die Beklagte auf Minderung des Kaufpreises

für einen Hund sowie auf Schadenersatz in Höhe der

tierärztlichen Behandlungskosten in Anspruch. Der

Kaufvertrag lautete auszugsweise: „Der Züchter ge-

währleistet eine Garantie für genetisch verursachte

Erbkrankheiten bis zum 24. Lebensmonat des erwor-

benen Hundes .... Die Erkrankung muss von einem

unabhängigen Tierarzt (...) als genetische Erkran-

kung festgestellt worden sein. Zahnfehlstellungen

gelten nicht als genetische Erkrankungen, da diese

durch vielerlei äußere Einflüsse entstehen können.

Sollte eine genetisch bedingte Erbkrankheit festge-

stellt worden sein, hat der Halter die Möglichkeit die

Hälfte der Kaufsumme für tierärztliche Rechnung zu

fordern oder den Hund gegen einen gesunden Hund

aus dem nächsten Wurf des Züchters einzutau-

schen.“

Kurz nach der Übergabe bescheinigte der Tierarzt

dem Kläger folgendes: „Ihr Miniature Bullterrier-Rüde

X geb. am ... Leidet an einem Unterkiefer-Caninus

Steilstand 2-3 Grades“ Ob die Bescheinigung das

streitgegenständliche Tier betrifft, ist streitig. Der Klä-

ger behauptet, es handele sich bei der festgestellten

Zahnfehlstellung um eine erblich bedingte Erkran-

kung. Er ist der Ansicht, der Hund sei von Anfang an

mangelhaft gewesen. Der Beklagten sei die Fehlstel-

lung nach Übergabe bekannt gewesen. Zunächst hat

der Kläger behauptet, die Fehlstellung der Zähne sei

tierärztlich korrigiert worden und ihm seien hierfür

Kosten entstanden. In der mündlichen Verhandlung

trägt er vor, die Zähne hätten sich wieder verschoben

und es seien weitere Behandlungen zu erwarten.

Das Gericht wies die Klage sowohl betreffend den

Schadenersatz, als auch hinsichtlich der 50 % Min-

derung ab. Ein Anspruch auf Minderung aufgrund

des in dem Kaufvertrag enthaltenen selbständigen

Garantieversprechens ist nicht gegeben. Von der in

Ziffer 2 des Vertrages enthaltenen Garantiezusage

betreffend Erbkrankheiten sind Zahnfehlstellungen

ausdrücklich ausgenommen. Da es sich bei dem Ga-

rantieversprechen um ein über die gesetzlichen Re-

gelungen des Gewährleistungsrechts hinausgehende

Leistung handelt, zu der der Verkäufer nicht ver-

pflichtet ist, ist der vertraglich vorgenommene Aus-

schluss nicht zu beanstanden.

Ein Anspruch auf Minderung des Kaufpreises besteht

auch nicht gem. §§ 437 Nr. 2, 440 BGB. Das Vorbrin-

gen ist nicht ausreichend, um davon auszugehen,

dass der dem Kläger verkaufte Hund im Zeitpunkt

des Gefahrübergangs mit einem Sachmangel behaf-

tet war. Zudem fehlt es an einem auch im Falle der

Minderung erforderlichen Nacherfüllungsverlangen

des Klägers. Die von dem Kläger behauptete Zahn-

fehlstellung des Hundes, ein sog. Unterkiefer-

Caninus Steilstand führt nicht zu einer geminderten

Gebrauchstauglichkeit. Zur üblichen Beschaffenheit

eines Tieres gehört nicht, dass es in jeder Hinsicht

einer biologischen oder physiologischen Idealnorm

entspricht. Diese Wertung trägt dem Umstand Rech-

nung, dass es sich bei Tieren um Lebewesen han-

delt, die einer ständigen Entwicklung unterliegen und

die - anders als Sachen - mit individuellen Anlagen

ausgestattet und dementsprechend mit sich daraus

ergebenen unterschiedlichen Risiken behaftet sind.

Gewisse - erworbene oder genetische bedingte - Ab-

weichungen vom physiologischen Idealzustand kom-

men bei Lebewesen erfahrungsgemäß häufig vor.

Der Käufer eines Tieres kann daher nicht erwarten,

dass er auch ohne besondere Vereinbarung ein Tier

mit „idealen“ Anlagen erhält, sondern muss im Regel-

fall damit rechnen, dass das von ihm erworbene Tier

in der einen oder anderen Hinsicht physiologische

Abweichungen vom Idealzustand aufweist, wie sie für

Lebewesen nicht ungewöhnlich sind. Auch die damit

verbundenen Risiken für spätere Entwicklung des

Tieres sind für Lebewesen typisch und stellen für

sich genommen noch keinen vertragswidrigen Zu-

stand dar, denn der Verkäufer eines Tieres haftet

nicht für den Fortbestand des bei Gefahrübergang

gegebenen Gesundheitszustands. Allein das hier

streitige Vorliegen einer Zahnfehlstellung des Hun-

des - ist ohne Hinzutreten weiterer Umstände - nicht

als Mangel zu bewerten. Dies gilt insbesondere auch

deshalb, weil es sich - so jedenfalls ist das klägeri-

sche Vorbringen auszulegen - um eine für einen Bull-

terrier nicht ungewöhnliche Erkrankung handelt. Wei-

tere Umstände, die ausnahmsweise eine Wertung als

Mangel rechtfertigen, wurden von dem Kläger nicht

dargelegt. Auch das Vorbringen des Klägers in der

mündlichen Verhandlung, die Zähne des Tieres hät-

ten sich wieder verschoben und es stehe eine weite-

re Behandlung an, ist zur substantiierten Darlegung

eines bei Gefahrübergang bestehenden Mangels

nicht ausreichend. Der Verweis auf immer wieder er-

forderliche ärztliche Aufwendungen ist nicht hinrei-

chend konkret. Die entsprechenden tierärztlichen Be-

handlungsunterlagen wurden trotz entsprechender

richterlicher Auflage (die hart an der Grenze zur Ver-

letzung der richterlichen Neutralität und als dem Zivil-

prozess fremde quasie-Amtsübermittlung durchaus

bedenklich war) nicht vorgelegt. Der Kläger wurde so

gesehen erfolglos zum Jagen getragen.