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aus gkf Info 47
Feine Antennen
Im Vergleich zu den langen und prominenten Tast-
und Sinneshaaren von Katzen, Ratten oder Robben
sind die Vibrissen des Hundes eher unauffällig. Doch
sind sie deshalb als Sinnesorgane auch weniger be-
deutend für den Hund? Guido Dehnhardt, Yvonne
Krüger und Jenny Byl vom Marine Science Center
der Universität Rostock erforschen nun erstmals sys-
tematisch die Funktion und Leistung des Vibrissen-
systems von Hunden. Die Ergebnisse dieses For-
schungsprojekts werden das Wissen um die Sinnes-
leistungen von Hunden erweitern und die Bedeutung
der Vibrissen für den Hund aufklären.
Tast– und Sinneshaare oder Vibrissen sind beim
Hund über dem Kopf verteilt. Sie sprießen über den
Augen, beidseits der Schnauze (mystaziale Vibris-
sen), auf de Nasenrücken, auf den Wangen, am Un-
terkiefer und an der Lippe. Tatsächlich haben viele
Tierarten, wie beispielsweise Ratten und Mäuse,
aber auch Robben und Seekühe, weitaus prominen-
tere Tasthaare als Hunde. Es ist daher auch nicht er-
staunlich, dass man bis dato auch vor allem die Tast-
haare dieser Spezies untersucht hat, während die
Forschung den Vibrissen des Hundes kaum Beach-
tung geschenkt hat. Folglich gibt es kein fundiertes
Wissen über die Funktion und Leistung des Vibris-
sensystems bei Hunden. Diese Wissenslücke wollen
Guido Dehnhardt, Yvonne Krüger und Jenny Byl vom
Marine Science Center der Universität Rostock nun
schließen.
Erfahrungen aus der Robbenforschung
Im Marine Science Center der Universität Rostock
wird bereits seit vielen Jahren intensiv zum Vibris-
sensystem von Robben geforscht. Neben dem mor-
phologischen Aufbau dieser Sinnesorgane und ihrer
Verschaltung mit dem Nervensystem und dem Ge-
hirn, untersuchten die Forscher auch die Funktionali-
tät und Leistungsfähigkeit des Vibrissensystems der
im Wasser lebenden Säugetiere.
Dabei entwickelten die Wissenschaftler spezielle Ge-
räte, Versuchsanordnungen und besondere For-
schungsmethoden, die auf der Kooperationsbereit-
schaft ihrer großen „Versuchstiere“ beruhen. Die Zu-
sammenarbeit mit den Tieren wurde über eine soge-
nannte operante Konditionierung erreicht. Bei dieser
Trainingsmethode verstärkt der Trainer jede er-
wünschte Aktion des Tieres mit einer Belohnung. Die
Methode der operanten Konditionierung ist zeitauf-
wändig, dient aber dem Wohl der Tiere und hat sich
in der experimentellen Verhaltensforschung seit Jahr-
zehnten bewährt.
Abb. 1a) Die Vibrisse ist viel tiefer in der Haut verankert als das normale
Haar. Man bezeichnet Vibrissen auch als Sinushaare, weil sie in der Haut
von Bluträumen, sogenannten Sinus, umgeben sind. Beim Hund gibt es
einen tiefen Kavermösen Sinus und einen näher an der Oberfläche gele-
genen Ringsinus. Im Ringsinus befindet sich der kissenartige Ringwulst.
Die empfindlichen Sinus sind von einer gemeinsamen derben bindege-
webigen Kapsel umgeben. Man bezeichnet den gesamten Komplex aus
dem Sinneshaar und den mit ihm verbundenen Strukturen als Follikel-
Sinus-Komplex. Die Kapsel des Fllikel-Sinus-Komplexes wird von zahlrei-
chen Nervenfasern durchdrungen. Sie docken mit sensiblen Enden an
die verschiedenen Strukturen des Follikel-Sinus-Komplex an.
Abb. 1b) Sobald sich die Stellung oder Lage der Vibrisse durch äußere
Einflüsse ändert, melden die Nerven diese Reize letztlich an das Gehirn,
wo sie weiter bearbeitet werden.
Mithilfe der operanten Konditionierung lernen die Tie-
re beispielsweise, in einem speziell angefertigten
Stand, die sogenannte Stationierung zu verlassen
und auf einen bestimmten Antwortball mit der
Schnauze zu drücken, wenn ihre Vibrissen stimuliert
wurden. Wurden die Vibrissen nicht stimuliert, blei-
ben die Tiere regungslos in ihrer Stationierung ste-
hen. So können die Forscher feststellen, ob die Tiere
tatsächlich auf die Stimulation der Vibrissen und nicht
etwa auf andere Reize aus der Umgebung reagieren.
Mithilfe ihrer Experimente stellten die Forscher unter
anderem fest, dass sowohl Seehunde als auch Kali-
fornische Seelöwen mit Hilfe ihrer Vibrissen aktiv ihre
Umwelt ertasten können (haptische Wahrnehmung)
und darüber hinaus Wasserbewegungen
(hydrodynamische Reize) nutzen, um Fische zu ja-
gen.
Die Erfahrungen aus dieser Forschung fließen in die
Studien zum Vibrissensystem des Hundes ein. In der
aktuellen Studie haben sich die Wissenschaftler zwei
Hauptaufgaben gestellt:
1.
Erste Erkenntnisse über die Funktionalität und
Empfindlichkeit der Hundevibrissen zu erlan-
gen.
Abb. 1 a
Abb. 1 b
aus gkf Info 47
Feine Anten en
Im V rgleich zu de la ge und prominenten Tast-
und Sinneshaaren von Katzen, Ratten oder Robben
sind d e Vibriss n des Hundes eher nauffällig. Doch
sind sie desh b als Sinnesorgane auch w nig r be-
deutend für den Hund? Guido Dehnhardt, Yvonne
Krüger und Jenn Byl vom Marine S i nc Center
der Universität Rostock erforsche nun erstmal sys-
tematisch die Funktio und Leistung des Vibrissen-
systems von Hu den. Die Ergebniss dieses For-
schungsprojekts werden das Wissen um d e Sinnes-
leistu ge von Hu den rweiter und di Bedeutung
der Vibrissen für den Hund aufklären.
Tast– und Sinneshaare oder Vibrisse sind beim
Hund üb r dem Kopf verteilt. Sie sprießen üb r den
Augen, b d eits der Schnauze (mystaziale Vibris-
sen), auf de Nasenrücken, auf den Wa gen, am Un-
t rkiefer und an der Lippe. Tatsä lich haben viele
Tierarten, wi beispi lsweise Ratte und Mäuse,
aber auch Robbe und Seeküh , weitaus prominen-
tere T stha re als Hunde. Es ist daher auch nicht er-
staunlich, dass man bis d to auch vor allem die Tast-
haar dieser Spezies untersucht hat, während die
Forschung den Vibrissen des Hundes kaum Beach-
tung geschenk hat. Folglich gibt s kei fundiertes
Wissen über die Funktio und Leistung des Vibris-
ensystems bei Hu den. Diese Wis enslücke wolle
Guido Dehnhardt, Yvonne Krüger und Jenny Byl vom
Marine S i nc Cent der Universität Rostock nun
schließen.
Erfahru gen aus der Robbenforschung
Im Marine S i nc Cent r der Universität Rostock
wird bereits seit vielen Jahren intensiv zum Vibris-
ensystem von Robben geforscht. Neben dem mor-
phologischen A fbau dieser Sinnesorgane und ihrer
Verschaltung mit dem Nervensystem und dem Ge-
hir , untersuchten die Forscher auch die Funktionali-
tät und Leistungsfäh gkeit des Vibris ensystems der
im Wasser leb den Säug tiere.
Dabei entwickelten die Wis enschaftler speziell Ge-
räte, Versuchsa ordnu ge und besondere For-
schungsmethoden, die auf der Kooperationsbereit-
schaft ihrer großen „Versuchstier “ b ruhen. Die Zu-
sammenarbe mit den Tieren wurde über eine soge-
annte operante Kond tionierung erreicht. B i dieser
Trainingsmethod ve s ärkt de Train r jede er-
wünschte Aktion des Tieres mit ein r Belohnung. Die
Metho der operanten Kond tionierung ist zeitauf-
wän ig, dient ab r dem Wohl der Tiere und hat sich
in der xp rimentellen Verhalten forschung seit Jahr-
z hnt n bewährt.
Abb. 1a) Die Vibrisse is vi l tiefer in der Haut v ankert ls das normale
Ha r. Man bez ichnet Vibrissen uch als Sinushaare, we l si in der Haut
von Bluträumen, sogenannten Sinus, umgeben sind. Beim Hund gibt es
einen tiefen Kavermösen Si us u d einen näher an d Oberfläch gele-
genen Ringsinus. Im Ringsinus b findet sich der kissenart ge Ringwulst.
Die empfindlichen Sinus si d von einer gemeinsamen der e bindege-
webigen Kapsel umgebe . Man bez ichnet den gesamten Komplex aus
dem Sinneshaar und den it ihm verbundenen Strukturen a s Follikel-
Sinus-Kompl x. Die Kapsel des Fllikel-Sinus-Komplexes wird von zahlrei-
ch n Nerv nfase n urchdrungen. Sie docken mit s siblen Enden an
die verschi denen Strukturen des Follikel-Sinus-Komplex an.
A b. 1 ) Sobald sich die Stellung oder Lage der Vibrisse durch äußere
Einflüss änd rt, meld n die Nerv n di se R i e letztlich an das Gehirn,
wo s weite bearbeitet werden.
Mithilfe der operanten Kond tionierung lernen d Tie-
r beispi lsweise, in einem speziell angefertigten
Stand, die soge annte Stationierung zu verlassen
und auf einen bestimmten Antwortball mit der
Schnauze zu drücken, wenn ihre Vibris en st muliert
wurden. Wurden die Vibrissen nicht st muliert, blei-
ben di Tiere re ungslos in ihrer Stationierung ste-
hen. So kö nen die Forsch r feststellen, ob d Tiere
tatsä lich auf die Stimulation der Vibrissen und nicht
etwa uf ander Reize aus der Umgebung r agieren.
Mith lfe ihrer Exp rimen stellten die Forscher unter
anderem fest, dass sowohl Seehunde ls auch Kali-
fornisch Seelöwen mit Hilf ihrer Vibrissen aktiv ihre
Umw l ertasten kö nen (haptische Wa rnehmung)
und darüber hinaus Wass rbewe u gen
(hydrodynamisch Reize) nutzen, um Fische zu ja-
gen.
Die E fahru gen aus diese Forschung fließen n die
Studien zum Vibris ensystem des Hundes ein. In der
aktuellen Studie haben sich die Wis enschaftler zwei
H pt ufgab n gestellt:
1.
Erste Erkenntnisse über die Funktionalität und
Empfindlichkeit der Hundevibrissen zu erlan-
gen.
Abb. 1 a
A b. 1 b