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Um eine höchstmöglich Zielgenauigkeit zu erreichen
und Verletzungen empfindlicher Areale zu vermei-
den, muss der Weg der Biopsienadel zur Entnahme-
stelle mithilfe der zuvor aufgenommenen Bilder ge-
nau geplant werden. Anhand Daten der geplanten
„Stichbahn“ (Trajektorie) wird dann der assistierende
Zielapparat, eine Art Gestell mit Führung für die Biop-
sienadel, eingestellt. Er soll gewährleisten, dass die
Biopsienadel nicht nur ihr Ziel erreicht, sondern auf
dem Weg dahin die sensiblen Hirnareale schont.
Zielsicher und schonend
Thomas Flegel und sein Team beschäftigen sich
be-reits seit vielen Jahren intensiv und erfolgreich mit
Bi-opsiesystemen, die eine möglichst effektive und
risi-koarme Entnahme von Proben veränderten
Gewebes aus dem Gehirn gewährleisten sollen.
Abb. 3 Im Computer konstruiertes 3D-Modell für ein Biopsiegestell, das
nach den individuellen Maßen des Hunde-Patienten errechnet wurde.
Seit 2016 arbeitet das Team um Flegel an der Veteri-
närmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig ge-
meinsam mit dem Fraunhofer Institut für
Werkzeug-maschinen–
und
Umformtechnik
Dresden und der Klinik und Poliklinik für
Neurochirurgie der Universität
Leipzig an einem neuen System für die Hirnbiopsie.
Damit es in der Veterinärmedizin eingesetzt werden
kann soll es folgende Kriterien erfüllen:
1.
Es muss auf dem bildgebenden Verfahren MRT
(Magnettresoranztomographie) basieren.
2.
Es muss mindestens so präzise sein, wie das
genaueste in der Tiermedizin verwandte Sys-
tem.
3.
Es sollte für jeden spezialisierten Tierarzt finan-
zierbar sein.
Die Entwicklungsarbeit für das neue System ist be-
reits weitgehend beendet. Es wurde auch schon an
22 verstorbenen Hunden getestet. Dabei überzeugte
das neue System durch seine Präzision und Zielge-
nauigkeit. Damit das neue Verfahren auch in der Pra-
xis angewendet werden kann, wird es in der aktuel-
len Studie nun an Hunden mit krankhaften Gehirnver-
änderungen erprobt. Die Erprobung findet nur bei
Hunden statt, deren Besitzer nach ausführlicher In-
formation zugestimmt haben.
Nach Maß gedrucktes Gestell
Bei dem neuen System dienen die MRT-Bilder aus
der Erstuntersuchung des Patienten zur Erstellung
eines individuell maßgefertigten Biopsiegestells im
3D-Druck. Das Gestell besteht aus einem Dreifuß
und einer Führungsvorrichtung für die Biopsienadel.
Damit die Nadel ruhig und zielgenau im Gewebe be-
wegt werden kann, wird der Dreifuß am Kopf des Pa-
tienten befestigt.
Zuvor wird anhand der Daten aus der Erstuntersu-
chung im MRT mit Hilfe von am Kopf des Patienten
befestigten MRT-Markern errechnet, wo genau im
Gehirn sich die gewünschte Biopsiestelle, also das
Ziel, befindet. Dabei entsteht ein dreidimensionales
Computermodell. Dieses Computermodell bildet die
wesentlichen anatomischen Eigenschaften des Kop-
fes und Gehirns sowie der Lage des Zielgewebes,
aus dem eine Probe entnommen werden soll, ab.
Anhand der MRT-Bilder und Daten wird der optimale
Streckenverlauf für die Stichbahn der Biopsienadel
(Biopsietrajektorie) festgelegt. Neben der Zielgenau-
igkeit stehen bei der Planung der Biopsietrajektorie
die größtmögliche Schonung des gesunden Gehirn-
gewebes und die Umgehung von sensiblen Hirnarea-
len im Vordergrund. Eine spezielle Software errech-
net aus den anatomischen Daten und den Daten der
Biopsietrajektorie ein 3D-Modell eines individuell an-
gepassten Biopsiegestells. Dieses wird an den 3D-
Drucker übermittelt. Der 3D-Drucker druckt nach die-
sen Daten ein Biopsiegestell nach Maß aus.